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Das schmeckt auch dem Klima

Beyond Science

Was wir essen, hat einen großen Einfluss auf unser Klima. Forschende weltweit arbeiten ­deshalb an einer klimafreundlichen Speisekarte. Konsens ist, dass Fleisch nur selten auf den Teller gehört. Doch was sind die Alternativen?

Unsere Ernährungsversorgung ist für mehr als ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das geht aus dem im September 2022 veröffentlichten „Global Food Policy Report“ hervor, jährlich herausgegeben vom Washingtoner International Food Policy Research Institute. Die Gründe dafür sind vielschichtig: So haben Entwaldungen zugunsten von Ackerflächen hohe Emissionen zur Folge. Energie- und ressourcenintensive Produktionsprozesse, Handel, Verbrauch und Entsorgung lassen die CO2-Konzentrationen ebenfalls ansteigen. „Dabei bedroht die globale Nahrungsmittelproduktion nicht nur die Stabilität des Klimas. Auch die Artenvielfalt, die Wasserhaushalte und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme insgesamt sind in Gefahr. Unsere Ernährung muss also Teil der Lösung sein“, fordert Agrarwissenschaftlerin Britta Klein vom Bundeszentrum für Ernährung.

Diät für den Planeten
Darüber, was es künftig mehr zu essen geben sollte, sind sich Experten weitestgehend einig: Als Grundzutaten einer klimafreundlichen Ernährung gelten Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen oder Erbsen. Diese eignen sich auch als Basis für pflanzliche Alternativen zu tierischen Produkten, die das Klima in viel höherem Maße belasten. Ein Beispiel: Dem Bundesinformationszentrum Landwirtschaft zufolge verursacht die Herstellung von Kuhmilch drei- bis fünfmal so viele Treibhausgasemissionen wie die Produktion pflanzlicher Alternativen.Der Konsum von Fleisch hat dabei eine besonders schlechte Bilanz: Laut einer 2021 in der Zeitschrift „Nature Food“ erschienenen Studie sind pflanzliche Nahrungsmittel lediglich für 29 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, die bei der Produktion von Lebensmitteln freigesetzt werden. 57 Prozent entstehen dagegen durch die Aufzucht und Haltung von Nutztieren, einschließlich der Herstellung ihres Futters. Allein die Produktion von Rindfleisch macht etwa ein Viertel der weltweiten Emission von Treib­hausgasen durch die Lebensmittelherstellung aus. Mit der „Planetary Health Diet“ hat die EAT-Lancet-Kommission – ein Gremium aus Experten verschiedener Bereiche – Ernährungsempfehlungen entwickelt, die umweltverträglich für den Planeten und gesund für die Menschen sein sollen. Menschen sollten demnach halb so viel Fleisch und dafür rund doppelt so viel Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse essen. Dabei gibt es auch bei Gemüse einige Unterschiede. Das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) hat 2020 den CO2-Fußabdruck von 200 Lebensmitteln bestimmt. Ganz vorn lagen Karotten und Weißkohl mit 0,1 Kilo CO2-Äquivalente je Kilo. Viele weitere Obst- und Gemüsesorten wie Äpfel, Auberginen, Blumenkohl, Fenchel oder Kartoffeln wurden mit 0,2 bis höchstens 0,3 Kilo CO2-Äquivalenten pro Kilo ebenfalls als besonders klimafreundlich eingestuft.

Wie schmeckt die Zukunft?
Anfang 2023 hat das in Frankfurt am Main ansässige Zukunftsinstitut seinen zehnten „Food Report“ veröffentlicht. Auch dieser steht ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Hauptautorin Hanni Rützler gilt als eine der profiliertesten Expertinnen im Food-Bereich. Sie prognostiziert ein „New Glocal“, also eine Neuordnung des globalen Lebensmittelhandels mit regionalen Agrarstrukturen. Sowie folgende Food-Trends: „Veganisierte Rezepte“ interpretieren traditionelle Speisen neu. Sogenannte „regenerative Lebensmittel“ stellen die Regeneration des Bodens und die Biodiversität in den Mittelpunkt. Und auch hier wieder: weniger Fleisch – oder auf anderes ausweichen!Insekten etwa haben auf den Speisekarten Asiens, Afrikas und Südamerikas als wichtige Proteinquelle schon lange feste Plätze. Ganz allmählich werden sie auch in den Industrieländern probiert. Vieles spricht für Insekten als Alternative zu herkömmlichem Fleisch. Wenn sie durch Temperaturen unter null Grad getötet werden, kommt dies ihrem „natürlichen Schicksal“ nah. Unter Zuchtbedingungen können viele Arten in großen Mengen artgerechter gehalten werden als Schweine, Rinder und Geflügel. Während Schweine und Rinder zwischen fünf und fast 20 Kilogramm Futter benötigen, um ein Kilogramm Fleisch aufzubauen, reichen Insekten dafür durchschnittlich zwei Kilogramm. Auch der Wasserverbrauch, der bei der traditionellen Viehzucht sehr hoch ist, fällt bei der Insektenzucht gering aus.

Offen für Neues
Food-Expertin Hanni Rützler hat sich im Rahmen des Food Reports auch unterschiedliche Länder und ihre Kulinarik genauer angeschaut. Und dabei festgestellt, dass jene Nationen, die auf eine große esskulturelle Tradition zurückblicken können, die zum Bestandteil ihrer „nationalen Identität“ geworden ist, größere Vorbehalte gegenüber neuen Nahrungsmitteln haben. Dazu gehören etwa Italien, Frankreich, Thailand oder Japan. Länder wie die USA, Großbritannien oder Deutschland, die keine großen Nationalküchen entwickelt hätten, seien daher der kulinarischen Globalisierung und neuen Speisen gegenüber offener. Die EU erlaubt seit Anfang 2023 neben Mehlwürmern und Heuschrecken auch verarbeitete Grillen und Getreideschimmelkäfer in Lebensmitteln und twitterte dazu: „Wir wünschen guten Appetit beim Verzehr Eurer Snacks – ob mit oder ohne Grille oder Wurm!“

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