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Manche mögen’s giftig

Beyond Science

Einige Pflanzen können Schwermetalle aus verseuchten Böden ziehen und dabei gleichzeitig wichtige Rohstoffe liefern. „Phytomining“ nennt sich dieses Verfahren, das als nachhaltig und zukunftsweisend gilt.

Der Vater der modernen Botanik, Carl von Linné, mochte am liebsten Moosglöckchen; dem Begründer der Evolutionstheorie, Charles Darwin, hatten es Orchideen angetan. Der Pflanzenexperte Antony van der Ent favorisiert hingegen Phyllanthus rufuschaneyi, denn: „Sie ist die erfolgreichste Metallpflanze, die wir kennen“, so der Biogeochemiker von der australischen University of Queensland.


Pflanzen als Gift-Staubsauger
Phyllanthus rufuschaneyi gehört zu einer Gattung von krautigen Pflanzen mit spiralförmig oder in zwei Reihen angeordneten Blättern, deren bis zu 900 Arten hauptsächlich in den Tropen und Subtropen wachsen. Sie wurde 2013 in Malaysia entdeckt, in der Nähe des Nationalparks Kinabalu im Bundesstaat Sabah. Das Besondere: Die Pflanze kann sich in nickelhaltiger Erde mit dem in hohen Dosen giftigen Schwermetall vollsaugen und es speichern. Dadurch betreibt sie Phytomining. „Eine nachhaltige Methode, um Metalle mit sehr geringer Umweltbelastung zu gewinnen“, so van der Ent: „Benannt wurde Phyllanthus rufuschaneyi übrigens nach dem Forscher Dr. Rufus Chaney, der als einer der Wissenschaftler gilt, die schon vor etwa 40 Jahren das Phytomininig entdeckt haben.“

Böden auf der ganzen Welt enthalten Metalle wie Blei, Nickel oder Germanium. Ihr Vorhandensein geht teilweise auf den Entstehungsprozess selbst zurück, denn das Ausgangsmaterial der Böden ist Gestein, das durch Erosion und Verwitterung allmählich gelockert und in seine mineralischen Bestandteile zerlegt worden ist. Den weitaus größten Anteil an Verschmutzung verursacht jedoch der Mensch. Giftiger Feinstaub aus Industrie und Verkehr lagert sich in der Umwelt genauso ab wie in der Landwirtschaft genutzte Pestizide und Düngemittel. Die Folge: Böden, die es nicht mehr schaffen, Wasser zu filtern, Kohlenstoff zu binden und Lebewesen zu beherbergen. Zunehmend sind Nahrungsmittel dadurch belastet, beispielsweise Reis durch Arsen. Wissenschaftler in aller Welt suchen deshalb nach Möglichkeiten, Schwermetalle aus der Erde zu entfernen.


Phytomining zur Metallgewinnung
Und hier kommt Phytomining ins Spiel. Als sogenannte Hyperakkumulatorpflanze gedeiht der Phyllanthus rufuschaneyi in Böden mit hoher Konzentration von Metall-Ionen. Die Pflanze nimmt diese mit den Wurzeln auf und nimmt selbst an einer Überdosis keinen Schaden, weil sie das Schwermetall in besonderen Hohlräumen in der äußeren Blattschicht einlagert – weit weg von dem für die Photosynthese wichtigen Chlorophyll im Blattinneren. Erntet man die mit den Schadstoffen angereicherten Pflanzenteile regelmäßig, lassen sich die giftigen Metalle auf diese Weise vom Standort entfernen.
Eine Schwester von Phyllanthus rufuschaneyi, die Hallersche Schaumkresse, wächst etwa in einer Region im Sauerland, in der schon die Römer nach Blei schürften. Die Gifthalde gehört zu den am stärksten verseuchten Böden Europas, und die Pflanze mit den weißen Blüten vermag all das Blei, Zink und Cadmium in ihre Blätter aufzunehmen und dort zu speichern. Sie hilft dadurch, die Böden ehemaliger Industriestandorte wieder nutzbar zu machen.


Umweltschonende Alternative
Die Superpflanzen mit den Staubsaugerqualitäten können aber auch gezielt gepflanzt und geerntet werden, um kostbare Metalle abzubauen. Nickel etwa kommt bei Färbeprozessen in Glasfabriken zum Einsatz und lässt sich zwar industriell abbauen, doch der Bergbau verschlingt enorm viel Wasser und spült Schadstoffe in die Natur. Phytomining könnte hier eine schonende Alternative der Metallgewinnung sein.
Antony van de Ent forscht auf der Pazifik-Inselgruppe Neukaledonien, auf der sich die größten Nickelvorkommen der Welt befinden. Sie wurden dort jahrzehntelang rücksichtslos ausgebeutet, und nun sollen Hyperakkumulatoren die Böden entgiften. In Malaysia haben er und sein Team eine Metallfarm gegründet, um zu demonstrieren, „dass Phytomining wirklich funktioniert“. Das Interesse der Industrie am Phytomining sei zwar groß, bislang kommen die Pflanzen aber noch nicht großflächig für den Abbau von Schwermetallen zum Einsatz. „Wir warten noch auf Investitionen aus der Industrie, um mit deren Hilfe Metallfarmen auf der ganzen Welt zu etablieren.“