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Meteorologie - Den Kopf in den Wolken

Beyond Science

Treibhausgase heizen unser Klima immer weiter auf. Sie beeinflussen auch die Wolkenbildung. Ein Gespräch mit dem Direktor des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie, Bjorn Stevens.

Herr Stevens, Sie simulieren in Klimamodellen die Entstehung von Wolken. Welche Rolle spielt dabei die Erderwärmung?


Bjorn Stevens:
Um die Oberflächentemperatur der Erde zu regeln und damit für lebensfreundliche Bedingungen zu sorgen, muss der Energiehaushalt des Planeten permanent ausgeglichen sein. Wenn die Erdoberfläche mehr Energie erhält, als sie verliert, erwärmt sie sich. Wird es zu warm, strahlt die Erde Energie durch ihre Atmosphäre ins All. Wolken beeinflussen sowohl die von der Sonne auf die Erde treffende Energiemenge als auch die Fähigkeit der Erde, Energie von ihrer Oberfläche zurück in den Weltraum zu strahlen. Eine wechselnde Wolkenbildung verändert dieses Gleichgewicht und beeinflusst somit die Oberflächentemperatur. Wolken reagieren selbst aber auch auf Temperaturveränderungen. Diese Wechselwirkungen müssen wir kennen, um konkrete Schlüsse für das Klimageschehen ziehen zu können.

Bisherige Klimamodelle konnten das nicht leisten?
Herkömmliche Klimamodelle geben die Realität nur unzureichend wieder. Sie können die von Wolken und Stürmen erzeugten Zirkulationssysteme in der Atmosphäre nicht präzise abbilden, sondern bestenfalls grobe Annäherungen liefern. Um zu verstehen, wie sich Wolken und Stürme verändern werden und welche Auswirkungen sie auf die Erderwärmung haben, sind diese Modelle daher tatsächlich wenig hilfreich.

Sie waren einer der Hauptauto­-ren des fünften Weltklima­berich­tes von 2013. Auch ­der sechste Bericht von 2021 stützt sich auf die Erkenntnisse Ihres Forschungsteams. Wie verändern sich Wolken, wenn immer mehr Kohlendioxid, Methan und andere Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen?
Das wissen wir noch nicht genau. Wir haben aber bereits viele Möglichkeiten ausgeschlossen. Im Moment scheint: Der Einfluss der Wolken wird sich in der Weise verändern, dass die globale Erwärmung nicht gedämpft wird, sondern sich leicht verstärkt. Wie Wolken die Reaktion der Erde auf sich ändernde Treibhausgase genau beeinflussen, ist sehr kompliziert. In letzter Zeit habe ich mich mit der Fragestellung beschäftigt, was es bedeuten würde, wenn Wolken sich einfach überhaupt nicht verändern, also weder kleiner noch größer werden.

Bjorn Stevens ist Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Nach dem Studium der Elek­trotechnik an der Iowa State University promovierte der in Deutschland geborene US-Amerikaner 1996 in Atmosphärenwissenschaft an der Colorado State University. Bis 2011 lehrte der Klima­forscher dynamische Meteorologie an der University of California, Los Angeles.

Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojektes untersuchen Sie die Passatwolken in der Karibik. Was möchten Sie herausfinden?

Dort gibt es winzige Wolken über dem Ozean, welche mehr Sonnenstrahlung ins All zurückreflektieren, als sie die von der Erdoberfläche ausgehende Strahlung absorbieren können. Bereits kleine Änderungen ihrer Menge können also einen großen Einfluss darauf haben, wie stark sich die Erde infolge steigender CO2-Konzentrationen erwärmt. Um diese Wolken und die Faktoren, die sie beeinflussen, besser zu verstehen, erforschen wir von Barbados aus den Atlantik östlich der Insel. Dabei vermessen wir die Wolken mit Sonden an Flugzeugen und auf Schiffen. Schon jetzt scheint klar, dass jene Wolken die Erwärmung weniger verstärken als bisher angenommen. Das ist positiv zu werten, sollte uns aber nicht glauben lassen, dass alles gut ist.

Mit einem Aufruf im Fachjournal „Nature Climate Change“ plädierte ein Forscherteam unter Ihrer Leitung dafür, dass sich führende Klimarechenzentren zusammenschließen und ihre Forschungsergebnisse teilen. Was ist außerdem nötig, um präzisere Vorhersagen machen zu können?

Leider haben die Menschen durch ihr Handeln einen großen Einfluss auf die Erde. Sie sind zu einer geologischen Größe geworden. Um steigende CO2-Konzentrationen oder andere globale Umweltveränderungen bestmöglich zu verstehen, bedarf es konzertierter internationaler Bemühungen. Nur gemeinsam können wir mithilfe von Hochleistungsrechnern immer präzisere Klimamodelle entwickeln. Diese Aufgabe ist komplex und sollte nicht wie derzeit vornehmlich von jungen Forschern, insbesondere Doktoranden, durchgeführt werden. Wir brauchen einfach in jeder Hinsicht mehr und bessere Ressourcen. Wie können wir erwarten, dass wir zusammenarbeiten, um die katastrophalen Folgen des Klimawandels zu mindern – wenn wir nicht in der Lage sind, ihn gemeinsam zu erforschen und zu verstehen?

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